Die Situation
Faserverstärkte Kunststoffe (FVK) ersetzen aufgrund ihres geringen Gewichts zunehmend konventionelle Werkstoffe im Maschinen-, Fahrzeug- und Anlagenbau, zum Beispiel als Karosserieteile oder Behälterböden. Doch wie schafft man es eigentlich, die normalerweise flächigen Verstärkungstextilien so zu gekrümmten Bauteilen umzuformen, dass keine unerwünschten Falten oder Strukturverzerrungen auftreten? Die Anordnungen der Verstärkungsfäden sollen nicht verschoben, die Dichte nicht geändert werden und es sollen keine Einschnitte bzw. Überlappungen in der Struktur entstehen.
Bislang werden alle Produktionsschritte, wie drapieren oder konfektionieren der Halbzeuge, überwiegend manuell durchgeführt. Mit dieser handwerklich aufwändigen Fertigung kann das technische und wirtschaftliche Potenzial der textilen Verbundmaterialien jedoch nicht einmal ansatzweise ausgeschöpft werden.
Das Projekt
In einem Projekt des Instituts für Textilmaschinen und textile Hochleistungswerkstofftechnik (ITM) der TU Dresden wurde eine Technologie entwickelt, mit der spährisch gekrümmte, belastungsgerechte Verstärkungsstrukturen - deren Oberfläche z. B. eine Halbkugelform bildet - weitgehend automatisiert direkt im Webprozess produziert werden können. Das Weben ermöglicht die Herstellung dreidimensionaler Gewebestrukturen aus Hochleistungsfilamentgarnen mit hoher Produktionsleistung.
Das im Projekt entwickelte und für das Formweben notwendige Schussfadenrückhaltesystem mit Haken ist in alle konventionellen Webmaschinen integrierbar. Damit können Gewebe gefertigt werden, die aufgrund verschiedener Bindungskombinationen entlang der Gewebebreite unterschiedliche Kettfadenlängen aufweisen. Aus der gezielten Einstellung dieser Längenunterschiede resultiert die gewünschte dreidimensionale Gewebeform. Grundlage des Verfahrens ist eine am ITM erarbeitete CAD-gestützte Prozesskette. Diese überführt die Zielgeometrie in eine Steuerungsdatei für die Webmaschine, wobei Simulationsmodelle prüfen, ob und wie sich die Geometrie umsetzen lässt.
Der Nutzen für den Mittelstand
Den meist kleinen und mittleren Webereien wird eine Technologie für die Produktion maßgeschneiderter dreidimensionaler Gewebestrukturen zur Verfügung gestellt, die relativ einfach und mit geringen Investitionskosten umsetzbar ist. Frühere zeit- und kostenintensive Technologien können damit ersetzt werden. Darüber hinaus können Kunststoffverarbeiter die Ergebnisse für die effiziente Herstellung von FVK-Produkten nutzen und somit neue, kostengünstigere Produkte am Markt platzieren.
Ansprechpartner
Dr. Gerald Hoffmann
gerald.hoffmann@tu-dresden.de
+49 351 4633 5239
Fördergeber
Finanzielle Förderung über das Forschungskuratorium Textil als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungseinrichtungen (AiF) aus Haushaltsmitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie im Rahmen des Programms zur Förderung der "Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)" 19805 BR.